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Schwierige Vorgesetzte

Schon in meiner ersten Beurteilung im ersten Lehrjahr stand "Nicht leicht zu führen" und so wirklich viel hat sich bis heute daran nicht geändert. Das mag aber auch daran liegen, dass die Sache mit den Führungskräften nicht immer so ganz einfach ist: Schwester Tadea hatte ich mit dem Kindergarten hinter mir gelassen, Herr Funnekötter (die nächste höchste Instanz in meinem kleinen Leben und mein erster Grundschullehrer) hatte mich über die Sommerferien durch Tod hinter sich gelassen und in der Lehre war das dann echt kompliziert geworden, denn einige davon mochte ich einfach nicht, was üblicherweise auf Gegenseitigkeit beruhte. Besonders nicht mochte ich unsere "Leiterin Hotelabteilung" (nicht ahnend, dass ich diesen Titel Jahre später selber tragen würde).

Eine durchaus beeindruckende Dame, der ich nach wie vor hohe Fachkompetenz zugestehe, aber bei Sozialkompetenz war sie eine Nullnummer, auch wenn ich zugeben muss, dass ich sehr viel von ihr gelernt habe (dummerweise hat sie mich in einem Beurteilungsgespräch mal direkt gefragt, ob ich etwas von ihr gelernt hätte und meine Antwort hat sich nicht unbedingt positiv auf meine Beurteilung ausgewirkt: Ja, habe ich, nämlich wie ich es auf keinen Fall machen werde!").

Zu der Zeit war Trinkgeld noch erwähnenswert und an der Rezeption verging kein Morgen ohne mindestens ein bis zweihundert Mark Trinkgeld. Dieses Trinkgeld war allerdings bei besagte Leiterin Hotelabteilung abzugeben und wurde von dieser nach einem unbekannten Schlüssel ungefähr monatlich an die Mitarbeiter verteilt. Bekannt war nur, dass Azubis mit einem festen Betrag von 50 Mark bedacht wurden, es sei denn, die Dame hatte entschieden, das gesamte Trinkgeld für irgendwelche Zwecke zu spenden. Natürlich ohne zu fragen!

So ganz habe ich nie an die Spenden geglaubt, denn die Dame litt an chronischem Geldmangel (kein Wunder, wenn man jeden Tag mit dem Taxi zur Arbeit und wieder zurück fährt, das geht auf Dauer ins Geld, aber ihren Führerschein bewahrte eine Behörde für sie auf, Trunkenheit am Steuer war schon damals nicht gern gesehen). Es hätte sich aber niemals jemand gewagt, irgendwas zu sagen, auch dann nicht, wenn mal wieder Geld in der Kasse fehlte. Die Kasse konnte zwei Minuten vorher gezählt worden sein und gestimmt haben, sie wechselte sich nur mal kurz Geld für Zigaretten und man durfte scher sein, dass durchschnittlich 20 Mark fehlten. Ok, nicht meine Kasse, nicht mein Geld, ergo nicht meine Baustelle.

Die Azubis der Rezeption mussten regelmäßig die freien Tage der Shop-Leitung (Verkauf von Mövenpick Eis, Kuchen, Wein und etwa einer Million Geschenkartikel) übernehmen, ich besonders häufig und an jedem Feierabend kam sie in den Shop, ließ sich ein Stück Kuchen einpacken, den die nicht bezahlte und den ich ihr auch noch ins wartende Taxi tragen durfte.

Das war dann allerdings tatsächlich meine Baustelle, aber nicht mal ich war so wahnsinnig, sie zu fragen, ob sie nicht der Meinung sei, dass auch sie für Kuchen bezahlen müsse, gleichzeitig hatte ich aber auch eine Verantwortung meinem Arbeitgeber gegenüber und das hier war eindeutig Diebstahl, also was tun?

Jeden Abend war im Logbuch der tägliche Umsatz des Shops einzutragen und die Kuchenkontrolle und das Logbuch wurde jeden Morgen vom Direktor abgezeichnet. Die Kuchenkontrolle war allerdings alles andere als eine echte Kontrolle, die wurde nämlich von hinten nach vorne errechnet, statt gezählt: Anzahl Kuchenstücke, die man abends ins Kühlhaus brauchte, minus Anzahl verkaufter Kuchen laut Kassenjournal, minus Anzahl Bons aus dem Restaurant war der Anfangsbestand, es gab also niemals eine Differenz. NIE!

Jedenfalls bis dahin. Da klar war, dass ich die Dame nicht würde ansprechen dürfen (zumindest nicht, wenn ich überleben wollte), das aber nicht einfach so stehen lassen wollte, machte ich meine Eintragung der Kuchenkontrolle so, dass das erste Mal eine Differenz entstand und schrieb im Logbuch erklärend dazu: "Ein Stück Mohntorte (DM 3,50) hat Frau [Name entfernt wegen Datenschutz oder was auch immer] mitgenommen." und legte das unserem Direktor brav in sein Fach. Was der jetzt damit machen würde, war nicht mehr meine Angelegenheit und lag eindeutig außerhalb meines Kompetenzrahmens.

Die Logbücher der einzelnen Abteilungen wurden am nächsten Tag um 10 Uhr beim täglichen Kadermeeting wieder an die Abteilungen verteilt und um 10:45 des nächsten Tages fand ich mich prompt strafversetzt auf der Etage wieder, wo ich Zimmer putzen durfte, statt Geschenkartikel zu verpacken und die Uhl'sche Schleife zu üben: Der Direktor hatte die Dame im Kadermeeting seidenweich gefragt, was sie von unserer Mohntorte halte und die schwärmte gleich los, wie gut die sei und mit den Worten "Dann sollten Sie sie das nächste Mal bezahlen. Das von gestern umgehend!" knallte er ihr das Logbuch hin.

Meine Strafversetzung dauerte allerdings nur knapp zwei Stunden, dann lief ich unserem Direktor über den Weg, der nicht schlecht staunte, als er mich in Zimmermädchen-Uniform sah und wortlos aber wutschnaubend davon stampfte. Zehn Minuten später durfte ich mich dann das zweite Mal an dem Tag umziehen und fand mich umgehend im Shop wieder bei meinen Schleifchen, Kaffee, Eis, Wein und Kuchenstücken.

Von da an hatte ich in der Dame einen leidenschaftlichen Feind und das blieb bis zum letzten Tag so. Ihrem letzten Tag übrigens, denn die Dame durfte vor mir gehen und konnte mir auch nichts mehr tun, dafür sorgte unsere Direktor schon :-)

Warum ich soviel rede und schreibe

Kurz vor dem Abitur war ich wohl irgendwie nicht ganz ausgelastet, also gönnte ich mir einen schweren Autounfall.

Nachdem mein kleiner VW-Käfer sich dreimal um sich selber gedreht hatte, einer Straßenlaterne das Lichtlein ausgepustet hatte und einen nagelneuen Citroen fachgerecht zum Totalschaden verschrottet hatte, bremste er mit einer Bushaltestelle, die danach auch nicht mehr zu brauchen war, weil komplett flach gelegt.

So richtig gesund war das allerdings nicht und so verbrachte ich längere Zeit auf der Intensivstation, auf der ich mich erfolgreich weigerte, an meinen diversen Verletzungen zu sterben. Neben diversen Knochenbrüchen, Organquetschungen, einem Leberriß, kaputten Knien und einer veränderten Wirbelsäule waren die schweren Kopfverletzungen wohl das, was den Ärtzen am meisten Kopfschmerzen machte und jeden Tag wurde neu diskutiert, ob man nicht doch besser den Schädel öffnen sollte, denn auf meinem etwas ungewöhnlichen Weg durch die Kreuzung hatte ich erst mit dem Kopf das Seitenfenster eingeschlagen, dann eine kurze Pause gemacht und den Unterkiefer auf das Lenkrad gebettet, um dann nochmal richtig Anlauf zu nehmen und die Windschutzscheibe zu durchschlagen. Dickschädel halt.

Da Kopfverletzungen sehr stark bluten, hatte es ziemlich lange gedauert, die ganzen Splitter aus meinem Kopf zu holen und bis auf einen hat man auch alle gefunden. Der eine war mit soviel Wucht eingeschlagen, dass er die Schädeldecke durchschlug und sich bis heute in meinem Hirn einen unguten Weg bahnt, die meiste Zeit aber friedlich ist. Erst viele Jahre später stellte sich heraus, dass sich aus einer Quetschung eine Art Blutgerinnsel gebildet hatte, dummerweise aber so ungünstig lag, dass man es weder therapieren, noch operieren konnte, weil es mitten im Sprachzentrum lag. Leider lag es da nicht nur rum, sondern würde mich nach Ansicht der Weißkittel demnächst erledigen und demnächst sollte recht bald sein, das Hirn wurde nämlich nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, löste sich bereits teilweise von der Schädeldecke und legte das Sprachzentrum lahm.

Tja, da saß ich also nun und sollte daheim auf dem Stühlchen hocken und warten bis ich sterbe und das einzige, was man mir therapeutisch noch anbieten konnte, war eine psychologische Begleitung, die ich aber ablehnte, schon darum, weil ich nicht mehr sprechen und schreiben konnte. Lesen allerdings konnte ich seltsamerweise immer noch und so beschloss ich, sprechen und lesen alleine wieder zu lernen und fand das dafür perfekte Medium: Usenet! Usenet wird weltweit verteilt, ist sehr streng hierarchisch organisiert und besteht zu gut 90% aus Formalneurotiken, die gesteigerten Wert auf sauber gemischte Groß-/Kleinschreibung legen und nach dem fünften Rechtschreibfehler wenig höflich, dafür deutlich darum bitten, die Tür im Rausgehen leise zu schließen. Ein Medium, in dem noch immer gilt "Form vor Inhalt".

Na da war ich ja bestens aufgehoben und nachdem ich mehrere zehntausende von Postings gelesen hatte und am PC hartnäckig meine Schreibübungen gemacht hatte, wagte ich mich, dort auch zu schreiben, erst mal allerdings nur in Testgruppen, die an sich nur von Bots gelesen werden. Genau da wurden aber ein paar Leute auf mich aufmerksam, die mich irgendwie witzig fanden und einluden, auch in anderen Gruppen zu schreiben, was ich dann auch tat und so findet goolge bis heute tausende von Postings von mir aus der Zeit (Usenet wird nicht nur weltweit verteilt, sondern auch weltweit gespeichert und das in alle Ewigkeit).

Je mehr ich schrieb, desto mehr kam auch meine Sprache zurück, nur meine Pinnwand glich inzwischen einem Blätterwald, denn es gab und gibt Worte, die ich einfach nicht mehr lernen konnte und bis heute Buchstabe für Buchstabe abschreiben muss. "Tastatur" ist eines davon und ich war einer der wenigen Menschen, die total froh über die Rechtschreibreform waren, denn müssen, müsste, musste habe ich nie mehr zusammen bekommen. "s" oder "ß"? Ich habe keine Ahnung, dabei konnte ich das mal.

Es hat acht Monate gedauert, bis ich wieder richtig sprechen und schreiben konnte, trotzdem waren die Weißkittel weiter sicher, dass ich nicht mehr sonderlich lange zu leben hätte und an sich sogar bereits überfällig war, also rief ich meinen Direktor an und teilte ihm mit, dass ich bitte wieder arbeiten möchte. Autofahren konnte ich noch nicht wieder und es war klar, dass ich nicht wirklich einsatzfähig war, also stellten meine Mitarbeiter und Kollegen kurzerhand einen "Fahrdienst" auf die Beine: Ich wurde jeden Tag abgeholt und wenn es mir schlecht ging, umgehend wieder nach Hause gefahren. Mal war das eine Stunde, mal nur zwanzig  Minuten, aber nach zwei Monaten konnte ich wieder voll arbeiten und auch selber wieder Auto fahren.

Bis heute ist jedes Wort, das ich schreibe und jedes Wort, das ich spreche, ein persönlicher Sieg für mich, den ich mir hart erkämpft habe und auch wenn ich weiß, dass das oft anstrengend für andere ist, wird sich daran nichts ändern: Ich schreibe sehr viel und ich spreche sehr viel, es sei denn, mir schlägt eines Tages doch mal jemand den Schädel dafür ein. Was jetzt übrigens ausdrücklich keine Aufforderung sein soll!

Smart Home und seine Grenzen

Ich bin bekennendes Technik-Spielkind! Alles, an dem ein Stecker dran ist, finde ich spannend und so war es kein Wunder, dass ich irgendwann bei Smart Home gelandet bin, wenn auch eher unbeabsichtigt:

Amazon schickte mir eine Einladung, Alexa noch vor dem offiziellen Verkaufsstart in Deutschland zu bestellen.

Keine Ahnung, was Alexa sein könnte, aber da war eindeutig ein Stecker dran und man brauchte Internet dafür, also her damit und eine Weile später kam dann das Päckchen. In der ersten Version war die Einrichtung noch etwas nervig, aber alles, was sich unter einer Tasse Kaffee einrichten lässt, ist erst mal unproblematisch, nur, was sollte/wollte ich jetzt damit?

Nach dem Studium einer vierstelligen Anzahl an Postings in diversen Foren war ich ein klein wenig schlauer: Alexa konnte Musik abspielen, war dabei klein, zierlich und ausreichend laut für mein Badezimmer :-)

Nachdem in meinem Bad diverse Kompaktanlagen ein vorzeitiges Ende wegen zu hoher Luftfeuchtigkeit erlitten hatten, wurde mir das auf Dauer doch etwas zu teuer und ich richtete mir in meinem lokalen Netzwerk einen NAS-Server ein, so dass ich jetzt nur noch eine WLAN-fähigen Lautsprecher im Bad brauchte und den ab und an zu ersetzen, würde auf jeden Fall auf Dauer günstiger sein. Nur für meine Schulter war das irgendwie ungut, weil der WLAN-Lautsprecher oben auf dem Badezimmerschrank stand, was für eine stabile WLAN-Verbindung gut war, die Fernbedienung reichte da aber nur hin, wenn ich mit dem Arm über Kopf darauf zielte.

Alexa war da ganz anders: Sie hörte (fast) auf's Wort, also wanderte die Badezimmer-Konstruktion in mein ganz persönliches Hardware-Museum und staubt dort seitdem leise vor sich hin.

Die Möglichkeiten von Alexa wuchsen ständig und nach und nach auch die Anzahl der Echo-Dots bei mir Zuhause. Alexa weckt mich inzwischen mit meiner Lieblingsmusik (natürlich versteht sie sich auch mit meinem NAS-Server bestes), informiert mich über das Wetter, aktuelle Staus auf meinem Weg zur Arbeit, liest mir mein Horoskop vor, verliest mir eine Liste der Dinge, die auf der Welt so passiert sind, während ich geschlafen habe, schaltet auf Zuruf mein Bügeleisen ein und kritzelt alles, was mir so einfällt von jedem Ort in meiner Wohnung auf meine Einkaufsliste, die ich dann ausdrucken kann, oder einfach beim Einkauf vom Handy ablesen kann, knipst Lampen und Lämpchen auf Zuruf ein und aus, liest mir Hörbücher vor oder schaukelt mich bei Bedarf mit Meersrauschen in den Schlaf (wahlweise mit oder ohne Mövengekreische), und weiß der Himmel was sonst noch alles.

Nur eines kann sie immer noch nicht und es sieht auch nicht so aus, als würde sie das demnächst können:

Alexa kann keinen Kaffee kochen, zumindest nicht mit einem Vollautomaten :-(

Zwar kann sie ihn an- oder ausschalten, nicht aber auf den passenden Knopf für Kaffee, Milchkaffee, Latte oder Espresso drücken und noch (!!!seufz!!!) bin ich nicht soweit, mir einen Vollautomaten zu kaufen, mit dem das möglich wäre.

Smart Home steckt eindeutig noch in den Kinderschuhen, aber immerhin ist es fast wasserdicht, zumindest überlebt es schon eine ganze Weile in meinem Bad.

Schußwaffengebrauch in früher Kindheit

Endlich weiß ich, woher ich seit frühster Kindheit den Unfug her habe: Von meinem Vater!

Meiner Schwester ist heute eingefallen, dass da mal eine Situation war, wo sie -eingehüllt in Mutters zartestes Neglige (natürlich ist sie ständig darüber gestolpert, weil doch etwas lang für sie) - mit einem alten Armee-Revolver Einbrecher verjagen wollte. Bei der Gelegenheit ist uns dann gemeinsam eingefallen, dass mein Vater mal diesen Revolver abgefeuert hat, das aber im Wohnzimmer und leider, leider noch eine Tränengaspatrone im Lauf steckte.

Die folgenden Wochen konnte man sich übrigens in keinem der Wohnzimmer aufhalten und es hat wirklich lange gedauert, bis man dort wieder atmen konnte. Bis meine Mutter aufhörte, nach Luft zu schnappen, hat noch etwas länger gedauert, aber das lag wohl mehr an ihrer Empörung als am Tränengas.

Irgendwie finde ich die Geschichte aber auch etwas traurig, denn ich wäre lieber selber Schuld an all dem Unfug meiner Kindheit

Früh übt sich, was kein Mädchen werden will

Weihnachten war eine schwierige Zeit. Schon immer!

Nicht genug damit, dass es regelmäßig eine Überdosis Familie gab (und damit leider eine Überdosis Aufmerksamkeit), es strapazierte meine Geduld regelmäßig über Gebühr. Wegen der ständig anwachsenden Anzahl von Geschenken, die irgendwo versteckt werden mussten, wurde mein Zuhause zu einer immer größeren Sperrzone, was immerhin den Vorteil hatte, dass ich ziemlich viel raus durfte, aber wann immer ich doch mal Zuhause war, hatte ich garantiert irgend einen Erwachsenen im Nacken, der ständig guckte, ob ich bloß nicht aus Versehen eines dieser hochgeheimen Verstecke finden würde (was völliger Blödsinn war, ich interessierte mich sowieso nicht für Geschenke und das aus gutem Grund!).

Heilig Abend war immer besonders schlimm, denn da zog sich meine Mutter mit dem Weihnachtsmann ins hintere Wohnzimmer zurück: Weihnachtsbaum schmücken! Die Beiden (also Mutter und der Weihnachtsmann) brachten meine kompletten Wirkungskreise durcheinander denn mal ganz abgesehen von Weihnachten, hatte ja auch ich meine Geheimverstecke und zwar ganzjährig, um die Weihnachtszeit aber echte Probleme, da dran zu kommen (außerdem bestand das Risiko, dass meine Mutter bei der Suche nach Verstecken versehentlich eines meiner Verstecke fand).

Eines Abends fand ich mich dann auch vor der verschlossenen Wohnzimmertür und quengelte, wie lange das denn noch dauern würde (ich hatte mal wieder einen Wecker zerlegt und wollte die belastenden Reste in meinem üblichen Versteck verschwinden lassen, Mülleimer schieden für sowas nämlich aus, die wurden eingehend untersucht, bevor sie das Haus verließen) und meine Mutter erklärte, sie und der Weihnachtsmann hätten noch hundert silberne und hundert goldene Lamettafäden aufzuhängen. Da ich wußte, dass bei uns Lametta einzeln aufgehängt wurde, brach ich kurzerhand mit einem Weinkrampf vor der Tür zusammen, was den Nachteil hatte, dass meine Mutter sofort die Tür öffnete und mich trösten wollte und ich keine Zeit mehr hatte, den frisch zerlegten Wecker verschwinden zu lassen.

Wenn dann der Baum endlich mal fertig war, gab es dann auch irgendwann die Bescherung, die aus meiner Sicht immer eine echte Bescherung war, denn nach wie vor hielt sich hartnäckig das Gerücht, ich sei ein Mädchen und entsprechend bekam ich immer Mädchenkram. Nur im zarten Alter von fünf gab es eine erfreuliche Ausnahme, wenn auch erst im zweiten Anlauf:

Vati hatte uns Puppenwagen gekauft. Aus England, mit echter Seide bespannt und natürlich sündhaft teuer. Meine Schwester bekam das Modell mit rosa Seide, ich das mit himmelblauer Seide. Grau-en-haft!

Meine Schwester war hingerissen und schleppte sofort all ihre Puppen an, ich machte (schon mangels Puppen) erst mal eine Denkpause, bedankte mich artig und zog mit dem ungewollten Puppenwagen davon.

Dreißig Minuten später war ich wieder da, mit Puppenwagen und strahlendem Gesicht! Ich hatte nicht eher Ruhe gegeben, bis ich die ganze olle Seide endlich abgerissen hatte, die Seidendeckchen und -kissen im Müll versenkt und in dem -jetzt Bollerwagen- all mein Werkzeug und meinen Krempel verstaut hatte und Vati erklärte, er sei der beste Vati auf der ganzen Welt.

Soweit ich mich erinnere, war das allerdings das einzige Weihnachten, das mir jemals gefallen hat und Ostern finde ich mindestens genau so doof.

Immer wieder sonntags ...

Sonntage waren in meiner frühen Kindheit schwierig.

Etwas erträglicher wurden sie nur, wenn ich mich daneben benommen hatte, was im ersten Moment mal unlogisch klingt.

Das Schwierige an Sonntagen waren nicht so sehr die Kirchgänge, das kannte ich schon von während der Woche und irgendwie hatte ich mich daran auch gewöhnt, das Schwierige waren Seidenschleifchen!

Sontags wurde ich "fein gemacht" und dazu wurde ich aus meiner (inzwischen heiß geliebten) Lederhose geschält und in ein Kleidchen gesteckt und dann begann das Haar-Drama: Ich hatte sehr lange Haare und das strikte Verbot, die abzuschneiden (an irgendwas sollte man erkennen können, dass ich in Wirklichkeit ein Mädchen war), was mich nicht daran hinderte, es immer wieder zu versuchen, denn lange Haare waren lästig. Nachdem meine Haare also erst mal eine halbe Ewigkeit gebürstet wurden, wurden sie anschließend zu Zöpfen geflochten (bis dahin entsprach das noch dem Wochentags-Prozedere), aber dann kamen die Seidenschleifchen. Es gab Seidenschleifchen in allen Farben, passend zu allen Kleidchen und immer waren sie frisch gebügelt. Meine Großmutter war erklärte Tee-Trinkerin und immer stand ein hochglanzpolierter Kessel auf dem Herd. Über diesen heißen Kessel wurden die Seidenschleifchen gezogen, was genauso gut war wie bügeln und dann wurden die gebügelten Schleifchen in meine Zöpfe gebunden und ab da sollte ich mich dann benehmen (ich vermute, damit war gemeint, dass ich mich wie ein Mädchen benehmen sollte, kam also nicht in Frage) und vor allem auf die doofen Schleifchen aufpassen.

Ich wollte keine Schleifchen, ich fand Schleifchen doof, lästig, störend, aber offensichtlich war das meine Mutter, wie auch meiner Großmutter, wichtig, denn warum sonst hätten sie sich soviel Arbeit damit gemacht? Also versuchte ich, auf meine Schleifchen aufzupassen, sie nicht zu verlieren, nicht zu verknittern und möglichst da zu lassen, wo sie waren. Kurz: Ich war praktisch vollständig handlungsunfähig!

Nur wenn ich mich danaben benommen hatte, wurde ich von der Schleifchen-Zuteilung ausgeschlossen und zur Strafe mußte ich sonntags in einem farbverkleckerten Hemdchen (meine Großmutter war Künstlerin und arbeitete nebem Metallen auch viel mit Farbe und ihre Hemden, aus denen längst die vielen Flecken nicht mehr rausgingen, waren für mich groß genug als Kittelchen)  und offenen Haaren auf die Straße gehen. Alle Leute sollten sehen, dass ich kein braves, hübsches Mädchen war.

Es war einfach toll!

Wieso hört keiner auf mich?

Man kann nicht behaupten, ich sei so ganz ohne Vorwarnung über die Welt hereingebrochen!

Ganz abgesehen davon, dass ich für meine Mutter wohl keine sonderlich ruhige Schwangerschaft gewesen war (meine Schwester hatte sich natürlich vorbildlich verhalten), war auch meine Geburt eine etwas schwierige Angelegenheit gewesen und vor allem mein Versuch, von Anfang an klarzumachen, dass das mit mir nichts wird, aber auf mich wollte ja keiner hören.

Wie sich das für meine Familie gehörte, lang meine Mutter standesgemäß in der teuersten Privatklinik der Stadt und bemühte sich (vergeblich!) dem Professor klarzumachen, dass das mit der Geburt längst überfällig war, aber als Professor wußte er das besser.

Irgendwo hatte aber auch ich meine Sturheit her und meine Mutter bestand schließlich darauf, die Geburt künstlich einleiten zu lassen (damals nicht gerade üblich und zudem ziemlich riskant), es wurde also mit einer sehr langen, sehr dünnen und sehr spitzen Nadel die Fruchtblase angestochen und kurz danach kam ich dann endlich zur Welt, wenn auch blutüberströmt und laut brüllend. Der gute Professor hatte es mit der Nadel etwas zu gut gemeint und so nicht nur die Fruchtblase angestochen, sondern mir das Dinge genau zwischen die Augen und wenn man bedenkt, dass auch Dickschädel bei der Geburt noch einen ziemlich kleinen Kopf haben, grenzt es fast an ein Wunder, dass er mir nicht ein Auge ausgestochen hat oder mich gleich komplett erledigt hatte.

Meine Mutter hatte übrigens Recht gehabt mit ihrer Berechnung, denn ich zeigte bereits starke Fruchtwasservergiftungen. Die Haut hing an vielen Stellen lose an mir runter, ich roch ziemlich gammelig und hatte überall am Körper dicke, gelbe Stippen mit schwarzen Punkten drauf (Eiterblasen). Das Highlight müssen aber meine Haare gewesen sein: Ich hatte büschelweise pechschwarze Haare, die senkrecht vom Kopf abstanden und hart wie Draht waren, wovon aber nicht zwei die gleiche Länge hatten und die Schwestern nannten mich "den wildgewordenen Handfeger" und mit diesen markanten Merkmalen ist absolut sicher, dass ich später nicht verwechselt wurde, mich hätte man überall rausgefunden.

Alles in allem war das aber eine klare Ansage gewesen, die nur niemand verstanden hatte: Von Anfang an hatte ich versucht, meiner Mutter klarzumachen, dass das mit mir nur Probleme gibt und sie das mit meiner Geburt besser lassen sollte, aber sie mußte sich ja unbedingt einen Professor dazuholen und auch mein Versuch, mich in die Nadel zu stürzen und meine Geburt doch noch irgendwie zu verhindern, war ignoriert worden.

Tja, dann kein Mitleid, Ihr habt es so gewollt!

Gut gemeint ist nicht automatisch auch gut gemacht

Meine Großmutter war schon eine beeindruckende Frau.

Ursprünglich Wienerin (was etwas völlig anderes ist als etwa "Österreicherin", wie ich früh lernte, wobei mir nie klar war, wo da jetzt der Unterschied ist), war sie als Architektin nach Deutschland gekommen und zu ihrer Zeit eine recht bekannte Künstlerin, die auch im Ausland große Ausstellungen hatte, was für eine Frau schon ziemlich beeindruckend war.

Sehr früh stellte sie fest, dass sie mit dem politischen Regime so überhaupt nicht einverstanden war und wie die Frauen unserer Familie nun mal so sind, tat sie das nicht gerade heimlich oder leise. Eine Zeit lang schützte sie der Umstand, dass sie mit einem hohen Offizier verheiratet war (nur eine ihrer sieben Ehen), den hatte sie aber längst verlassen, genau wegen seiner politischen Gesinnung. Auf Dauer wurde das dann aber doch etwas gefährlich und so beschlossen die Amerikaner 1943, sie auszufliegen und in Sicherheit zu bringen. Ihr gesamtes Hab und Gut wurde in einem Eisenbahnwaggon eingelagert und verplompt und stand bis Kriegsende auf einem Abstellgleis unter amerikanischer Aufsicht (wo sie übrigens nach Kriegsende alles in genau dem Zustand wieder abholen konnte), sie selber und meine Mutter (damals 3 Jahre alt), wurden auf den Kranzberg gebracht. Landschaftlich ziemlich hübsch, ansonsten mehr als abgelegen und den Großteil des Jahres war sie auf sich alleine gestellt, besonders im Winter, denn da war der Kranzberg zugeschneit und nicht mehr zu erreichen. Immerhin sicher war es dort! (Im ersten Winter sah meine Großmutter sich übrigens gezwungen, entweder zu erfrieren, oder alleine einen Baum zu fällen. Sie entschied sich für, bzw. gegen den Baum, denn der war ja anschließend tot, weil gefällt.)

Alles, was irgendwie mit Nachschub zu tun hatte, war eine ziemlich schwierige Angelegenheit und so war es für meine Großmutter ein riesiges Geschenk, als sie aus Schweden echte Fuchshaarpinsel bekam, als Künstlerin brauchte sie Material, nur die Beschaffung war inzwischen praktisch unmöglich geworden, noch dazu auf dem Kranzberg.

Leider hatte sie nicht damit gerechnet, dass meine Mutter ihr etwas Gutes tun wollte, die sah nämlich die Pinsel (derweil meine Großmutter mal wieder im Wald an ihrem Baum säbelte) und fand es unmöglich, dass da keine zwei Haare die gleiche Länge hätten und kurzerhand schnitt sie die Pinselhaare auf eine Länge. Als meine Großmutter aus dem Wald zurück kam, zeigte meine Mutter ihr gleich stolz ihr Werk und wartete auf Lob.

Innerlich weinte meine Großmutter, da sie aber wußte, dass meine Mutter es gut gemeint hatte, lobte sie sie trotzdem, aber es muß ihr sehr, sehr schwer gefallen sein.

Ich hatte viele Jahre später auch was davon, denn auch ich wollte meiner Mutter etwas Gutes tun und in Ermangelung von Pinseln nahm ich mir etwas Größeres vor: Den Perserteppich in unserem Wohnzimmer!

Das vordere Wohnzimmer war etwa 4x5 Meter und der Teppich raumfüllend, also richtig teuer und er hatte Teppichfransen. Teppichfransen mußten was Tolles sein, denn die wurden regelmäßig mit einem Stahlkamm geradegekämmt. Störend fand ich allerdings, dass die irgendwie alle unegal lang waren und das wollte ich für meine Mutter jetzt in Ordnung bringen.

Vielleicht kann man sich vorstellen, was dabei rauskommt, wenn ein Kind mit einer Nagelschere(!) über mehrere Meter versucht, freihändig zu schnibbeln, kurz: Es war krumm! Naja, macht ja nix, waren ja genug Fransen dran, also nochmal von vorne. Da das leider auch nicht wirklich besser war, ich aber so schnell nicht aufgeben wollte, waren am Ende überhaupt keine Fransen mehr dran, das aber wenigstens halbwegs gleichmäßig und stolz präsentierte ich mein Werk meiner Mutter.

Ich vermute, nur ihrer eigene Geschichte mit den Fuchshaarpinseln hat mir das Leben gerettet und es hat eine ganze Weile gedauert, bis endlich ein Teppichknüpfer gefunden war, der wochenlang bei uns saß und neue Fransen anknüpfte, das Teil war nämlich so groß, dass es unmöglich gewesen wäre, das weg zu geben.

Erst viele Jahre später verstand ich, was ich da überhaupt angerichtet hatte, und was das wohl gekostet haben mochte und vor allem, welche Überwindung es meine Mutter gekostet haben mußte, sich auch noch bei mir zu bedanken.
Wo ich es doch nur gut gemeint hatte ...

Unheilvolle Stille

Ich war ein besonders interessiertes und ebenso motiviertes Kind und meine Mutter mit Mitte dreißig komplett grau (Sie behauptet natürlich, es habe da einen Zusammenhang gegeben, das streite ich aber entschieden ab!).

Solange meine Mutter mich hören und/oder sehen konnte, war fast alles in Ordnung, aber wehe, sie hörte oder sah länger als 10 Minuten nichts von mir, sofort witterte sie Unheil (womit sie so ziemlich immer genau richtig lag).

Irgendwann fing das an, mir etwas auf die Nerven zu gehen und echt lästig zu werden, es musste also ein gescheite Strategie her.

Meine Großmutter erzählte mir immer was vom lieben Gott, las mir stundenlang aus der Bibel vor und schleppte mich in die Kirche, wo ich immer andächtig still sein sollte. Zu irgendwas musste das doch gut sein und schließlich zahlte sich das doch noch aus: Ich richtete mich häuslich im vorderen Wohnzimmer hinter der einen Couch ein (sie stand quer vor einer Ecke, dahinter war also etwas Platz) und wartete. Still natürlich.

Ein paar Minuten später tauchte natürlich meine Mutter auf, der diese Stille unheilvoll laut dröhnte und fragte, was ich da denn bitte mache?

"Stör mich bitte nicht, ich unterhalte mich mit dem lieben Gott!" erklärte ich ihr und tief beeindruckt ging sie wieder.

Leider hat das nicht sehr lange gehalten, denn beim nächsten Hausputz fand sie heraus, was für hübsche Handabdrücke ich mit dem grünen Pril an die Tapete hinter dem Sofa machen konnte ...

Das Ende des Türkrieges

Dass Behörden mitunter etwas seltsam sind, ist nicht neu, dass sowas hochgradig gesundheitsgefährdend ist, allerdings schon.

Als ich im April letzten Jahres die Filiale übernahm, teilte man mir mit, dass das Ordnungsamt darauf besteht, dass wir eine Passage sind und alle Türen immer offen zu sein haben und mit offen war gemeint, dass es keine Automatiktüren gab, sondern wirklich alle Türen von sechs Uhr morgens bis drei Uhr morgens offen stehen. Man hatte zwar wunderhübsche Vollglas-Zwischentüren eingebaut, aber bei Bauabnahme wurde direkt angeordnet, dass auch diese Türen offen zu stehen haben und zudem ganzflächig zu bekleben seien, wegen Sichtschutz. (Ähm ... im Hinblick auf die Tatsache, dass die Türen ja offen zu sein haben, bieten sie keinerlei Sichtschutz, das war dem Ordnungsamt aber egal, sie hatten ganzflächig beklebt oder abgebaut zu werden.)

Die Zwischentüren wurden also vollflächig beklebt und ich bekam die Anweisung, sie ab und an zufallen zu lassen, auf jeden Fall aber nach Einbruch der Dunkelheit, da haben Ordnungsämter Feierabend und wir somit eine höhere Überlebenschance im Winter.

Mein erster Anruf aus Hannover beim Chef der Bauabteilung begann seinerseits mit den Worten: "Tun Sie mir einen Gefallen, diskutieren Sie mit mir NICHT über die Türen!" MIFT!

Der Sommer kam und ohne das illegale Verhalten der Zwischentüren (=Zufallen) wären wir den Hitzetod gestorben. Zudem ärgerte mich die Tatsache, dass ich durch die zugefallenen und vollflächig beklebten Türen nichts mehr sehen konnte und sich seltsame Gestalten ungesehen in die Filiale schlichen. Kurzerhand ließ ich die Beklebung abreißen und durch einen dezenten Streifen in Kopfhöhe (Sonderlogo, was auch sonst?) ersetzen. Jetzt konnten die Türen "zufallen" und ich trotzdem durchgucken.

Dann kam der Winter und die Zwischentüren konnten nicht verhindern, dass es bitterlich kalt wurde. Bald hatten wir eine hartnäckige Erkältungswelle und das ganze Team schniefte, fiberte oder kippte direkt aus den Latschen und der Dienstplan wurde nur noch pro forma geschrieben: Zum Dienst kam, wer noch laufen und möglichst sprechen konnte. Nachdem ich bei meinem Chef das Aufstellen eines Seuchezeltes vom Roten Kreuz direkt vor der Filiale beantragt hatte, entschied man sich, Klage gegen die Auflage des Ordnungsamtes einzureichen und falls das scheitern sollte, einen Glaskasten um den Arbeitsbereich meiner Mitarbeiter zu bauen. Gründlich wie wir sind, hätte man bestimmt nicht die Aufkleber mit dem Text "Bitte nicht füttern" vergessen, natürlich auch wieder ein Sonderlogo.

Die Verhandlung dauerte dreieinhalb(!) Stunden und am Ende stellte der Richter fest, dass die Auflagen schlicht rechtswidrig seien, woraufhin die Vertreter des Ordnungsamtes sehr deutlich die Fassung (und den letzten Rest ihrer guten Erziehung) verloren. Es wurden umgehend Automatiktüren bestellt :-)

Auf der Jahrestagung teilte mir dann der Schlosser mit, die Türen würden nun doch nicht eingebaut werden, da mit über 8.000 Euro pro Eingang zu teuer, woraufhin ich mich spontan umdreht und nach unserem Geschäftsführer fahndete. Man benötigte drei Leute, um mich wieder einzufangen und der Schlosser teilte mit, er werde nie wieder einen Scherz in meiner Gegenwart machen. Guter Plan!

Die Automatiktüren sind inzwischen eingebaut und wunderhübsch und meinetwegen kann jetzt der Sommer und danach der Winter kommen :-)

Das (hoffentlich kurze) Leben des Karl

Komme ich doch nach einem freien Tag in die Filiale und finde dort an der Pinwand (in der Regel ein mittelschwerer Zettelwald) die Info meiner Mitarbeiter, dass wir offensichtlich eine Maus haben. Auf dem gleichen Zettel, aber in anderer Schrift die Ergänzung, dass es sich dabei um Karl handelt, dem bei Ergreifung umgehend Hausverbot zu erteilen sei, weil vermutlich minderjährig und außerdem spielt er nicht und wer nicht spielt, fliegt raus! (So sind sie, meine Mitarbeiter *g*).

Mein Chef meinte zu dem Thema, mich darauf hinweisen zu müssen, dass Mäuse eine recht hohe Vermehrungsrate haben und schlug das Aufstellen von Mausefallen vor, im Gegenzug revanchierte ich mich mit der recht plastischen Schilderung, wie neben einer meiner Omis so eine Falle zuklappt und mit einem deutlichen Knacken Karls Genick gebrochen wird. Omi würde direkt ohnmächtig vom Stuhl rutschen, ergo: Schlecht für's Geschäft.

Rentokill wurde beauftragt und druckste etwas herum, nachdem die ganze Filiale gründlich untersucht worden war und faßte das Ergebnis wie folgt zusammen: "Also, es handelt sich nicht nur um Karl, sondern auch um Karoline und die beiden haben gleich den ganzen Stamm der Karoliner mitgebracht!".

Es sind jetzt 35 Mäuseköder aufgestellt und die Mitarbeiter versicherten, die auf jeden Fall mehrmals täglich auf Karolinerleichen zu untersuchen, was aber laut Rentokill nicht nötig ist, die angeschlagenen Karoliner werden sich vor dem Sterben diskret zurückziehen und nicht mitten im Foyer auf poliertem Granitboden ganz unelegant tot umkippen und liegenbleiben, woraufhin die Reinigungskräfte anboten, ab sofort in allen Ecken und Winkeln nach dezenten, toten Karolinern zu fahnden, aber auch das wird laut Rentokill nicht nötig sein, die Leichen trocknen aus und zersetzen sich, also nur ab und an mal durchpusten.

Tja, und wieder mal erlebt die Geschichte das unrühmliche Ende einer vielversprechenden Dynastie. Hoffenlich haben wir genug Staubsaugerbeutel ...

Lärmbelästigung

Oder: Das Unternehmen weiß Prioritäten zu setzen!

In meinem Büro befindet sich die Videoüberwachung und weil das ziemlich teure und empfindliche Technik ist, ist die belüftet.

Da ich offensichtlich weder teuer noch technisch oder gar empfindlich bin, befindet sich für mich dort weder eine Lüftung, noch eine Heizung, was im Hochsommer dazu führte, dass ich die Bitte unserer Sicherheitsabteilung um Zusendung einiger Bilder aus besagter Videoüberwachungsanlage mit den Worten "Zum Winter hin. Im Büro sind gerade 32 °C, da gehe ich nicht rein!" beantwortete.

Nach längerer Überlegung kam ich zu dem Schluß, dass ich doch empfindlich bin und ließ überprüfen, wie aufwendig es sei, mein Büro wenigstens an die Abluft anzuschließen und es war schnell klar, dass für diesen Umbau ein Investitionsantrag notwendig sein würde, den in diesem Leben niemand bewilligen würde.

Richtig ärgerlich war, dass es sich bei den Lüftern für die teure Technik wohl eher um Billigtechnik handelte, denn die Biester begannen nach etwa einem halben Jahr, unangenehme Geräusche zu machen, was dann so lästig wurde, dass ich die Lüfter ausknipste (die Schalter dazu hatte ich selber eingebaut), was aber zum Tod diverser Netzteile führte (bei 32 Kameras kommen doch ein paar Netzteile zusammen und unbelüftet wird es ziemlich warm *hust*).

Nachdem ich den Sommer leidlich überlebt hatte (tunlichst außerhalb des Büros), stand der Winter vor der Tür und wie wir alle wissen, war das ein echter Winter und es war abzusehen, dass die Wärme aus der Videoüberwachung auf Dauer nicht wirklich die nichtvorhandene Heizung zu ersetzen in der Lage sein würden. Die Frage nach den Kosten für eine Anbindung an die Heizung erübrigte sich, in der ganzen Filiale gibt es nicht einen Heizkörper, das wird alles über Abluft, Zuluft, Klimnalage, Klimasplittgeräte und Torschleiergeräte geregelt (und es ist eine Heidenarbeit, bis man diese Komponenten mal so reguliert hat, dass sie nicht gegen- sondern miteinander arbeiten!).

Während ich noch überlegte, wie ich die Eintrittkarten für die zu erwartende Eislaufbahn in meinem Büro gestalten sollte und wie das Preisverhältnis zwischen Tages- und Saisonkarte zu kalkulieren sei, stellte sich heraus, dass ich doch wirklich gute Freude in diesem Unternehmen habe und pünktlich zu Weihnachten fand sich plötzlich und unerwartet ein autarkes (das gute Stück kann nicht nur kühlen, sondern auch heizen) Klimasplittgerät in meinem Büro und weil man sowieso gerade dabei war und Wände aufbuddelte, hatte man mein Büro gleich an die Zu- und Abluft angeschlossen. Ein Investitionsantrag war nicht nötig gewesen, weil es dazu niemals eine Rechnung gab und ich will überhaupt nicht wissen, in welchem Neubau die Kosten untergekommen sind. Da so ein Neubau so um die 1,5 Millionen aufwärts kostet und wir jeden Monat mindestens einen davon fertigstellen, gehe ich davon aus, dass man die niemals wiederfinden wird.

Ach ja: Die doofen Lüfter der Videoüberwachung habe ich ausgeknippst, der Raum ist jetzt immer wohltemperiert und braucht sowas nicht mehr :-)

Und es hat auch nur einen halben Tag gedauert, bis ich das Handbuch mal gelesen hatte und wußte, wie ich über die Fernbedienung die Neigung der Klappen, die Temperatur und sonstigen superschönen Schnickschnack einzustellen hatte :-)