Wir bekamen einen neuen Direktor, unserer ging nämlich zurück in die
Schweiz.
Der "Neue" war Schwabe, deutlich über zwei Meter lang und seine
Leitung nicht sehr viel kürzer.
Fasching stand vor der Tür, die schwäbische Variante von Karneval und ein
nationales Heiligtum. Hätte ich Karneval nicht schon immer blöd gefunden,
spätestens jetzt wäre es soweit gewesen: Mützchen auf und fröhlich sein,
Kampfsaufen und die Witze so lahm, dass jedes Mal eine Fanfare kam, damit man
wusste, wann man lachen musste. Grässlich!
Für uns hieß das sieben Großveranstaltungen in zehn Tagen mit je etwa 7.000
Personen, ach nee, Schwaben ... äh .. Oberschwaben, noch dazu Selbstzahler, er
kam aber aus Neu-Ulm, da hantierte man mit deutlich kleineren Personenzahlen.
Ich hatte schon die ersten 10 Stunden wieder hinter mir und würde natürlich
bei dem Kampfeinsatz dabei sein, schließlich musste ja am Ende irgendwer die
ganzen Getränkestände (siehe Selbstzahler) abrechnen und den Kellnern sagen,
was sie an Umsatz abzugeben hatten, da waren also Kühlkoffer abzurechnen,
Fässer und Spirituosenflaschen auszulitern und gleich für die nächste
Veranstaltung alles wieder aufzufüllen.
In meinem Kühlschrank tippleten sich die Kirchenmäuse Blasen an die Füße und
ich hatte nicht mal mehr Kaffee im Haus, als fuhr ich schnell einkaufen. Als
ich mit meinem Päckchen Kaffee und einer Flasche Duschgel zurück kam, begrüßte
mich mein Direktor mit der Frage, ob ich vielleicht einen Halbtagsjob habe, wir
hätten eine Großveranstaltung vor uns und es sei bestimmt noch jede Menge zu
tun.
Ich antwortete, dass ich diese Frage bitte zurückstellen wolle bis nach der
Veranstaltung, die ersten 10 Stunden meines Halbtagsjobs habe ich bereits
hinter mir und falls er tatsächlich ernsthaft an einer Antwort interessiert
sei, möge er mich doch bitte nach der zweiten Hälfte meines Halbtagsjobs
nochmal fragen, das werde so etwa morgen Mittag sein und ließ ihn kurzerhand
stehen.
Irgendwann so um zwei Uhr morgens kam er mit zwei Weizenbier, einem
Aschenbecher und einer Schachtel Rothändle ohne Filter an (bis auf den
Aschenbecher alles murks) und wollte sich offensichtlich mit mir versöhnen.
Während ich schweigend mein Weizenbier runterwügte und versuchte, nicht an der
Rothändle ohne Filter zu ersticken, erklärte er mir, ich möge doch bitte in
sein Büro gehen, den dritten Schrank von links öffnen und mir da etwas
passendes rausnehmen.
Hm? Sonst haben wir aber keine Sorgen? Was soll`s, der Mann war mein
Direktor, also ging ich brav in sein Büro und öffnete den Schrank. Dort fand
ich einen Stapel Joggingsanzüge aus Fallschirmseide (nicht Plastik und von sehr
guter Qualität) in verschiedenen Größen und jetzt war ich richtig sauer.
Ich nahm also den obersten raus, ging zu ihm zurück, knalle das Ding auf
den Tisch und erklärte ihm:
"Wenn Sie mir einen Jogginganzug schenken möchten, dann freut mich das.
Wenn Sie sich entschuldigen wollen, dann sollten Sie das tun, aber verwechseln
Sie nicht das eine mit dem anderen und halten mich bitte nicht für so blöd, das
eine vom anderen nicht unterscheiden zu können!" und ließ ihn das zweite
Mal an diesem Tag stehen.
Er hat dann zwei Tage geschmollt und sich schließlich doch noch
entschuldigt, den Jogginganzug durfte er aber trotzdem behalten. Ich ahnte
nicht, dass wir kurz danach eine zweiten Zusammenstoß dieser Art haben würden, aber
danach war er davon geheilt.